April 08, 2024 By Dr. Eva Roser

Johanniskraut (Hypericum perforatum)

  • 1. Verstehen

    Johanniskraut ist eine der ältesten und bekanntesten Heilpflanzen überhaupt. Die Blätter und Blüten werden seit Jahrhunderten für die Zubereitung von Tinkturen und Tees verwendet. Im Besonderen wird dem Johanniskraut eine milde antidepressive Wirkung zugesprochen. Es wird bei innerer Unruhe und Schlafstörungen sowie bei depressiver Verstimmung eingesetzt, soll aber auch bei Hitzewallungen helfen (1). Das Johanniskraut enthält Gerb- und Bitterstoffe, sowie ätherische Öle, außerdem die für die antidepressive Wirkung verantwortlich gemachten Wirkstoffe Hyperforin und Hypericin. Johanniskraut wurde in zahlreichen klinischen Studien untersucht, die milde antidepressive Wirkung ist daher gut belegt (2,3). Wenn Du mit dem Gedanken spielst, Dir Johanniskraut-Tee zuzubereiten, solltest Du unbedingt bei 3. Aufpassen noch etwas mehr Informationen sammeln.

  • 2. Machen

    Johanniskraut wird wie ein klassischer Kräutertee als Aufguss zubereitet. Die getrockneten Blätter und Blüten, die man in Drogerie und Apotheke erwerben kann, werden mit kochendem Wasser übergossen und sollten für etwa 10 Minuten bei geschlossenem Deckel ziehen. 

    Ein Tipp: am Ende der Ziehzeit das Wasser, welches sich am Deckel der Kanne gesammelt hat, in die Kanne zurück gießen, damit die flüchtigen Inhaltsstoffe nicht verloren gehen. Das habe ich selbst mal gelesen, ehrlicherweise habe ich keine Ahnung, ob es wirklich den Gehalt der ätherischen Öle im Tee erhöht, aber es macht für mich durchaus Sinn. 

    Ich verzichte bewusst auf genaue Gramm und Milliliter Angaben, da diese je nach Produkt stark variieren und lediglich Richtwerte darstellen - verlass Dich einfach auf Deinen Geschmack.

  • 3. Aufpassen

    Zu beachten gibt es beim Johanniskraut so einiges: 

     

    • Johanniskraut sollte nur von richtigen Kennern selbst gesammelt werden. Warum? Das sogenannte Jakobskraut sieht dem Johanniskraut sehr ähnlich und eine Verwechslung passiert schnell. Jakobskraut ist aufgrund seines Gehaltes an Alkaloiden allerdings giftig und sollte unter keinen Umständen konsumiert werden.
    • Johanniskraut erhöht die Fotosensibilität. Achtung bei Sonnenexposition und heller Haut.
    • Ebenfalls wichtig zu wissen ist Folgendes: Johanniskraut gilt als sogenannter Induktor der Cytochrom-C-Enzymgruppe (CYP). Eine Vielzahl von Medikamenten wird über dieses Enzymsystem verstoffwechselt. Johanniskraut beeinflusst diese Stoffwechselvorgänge, weshalb andere Medikamente unter Umständen weniger gut oder zu stark im Körper wirksam sind, als eigentlich gewünscht. 
    • In der Schwangerschaft sollte Johanniskraut(-Tee) nicht konsumiert werden: es liegen zwar keine Hinweise dafür vor, dass Fehlbildungen oder Schwangerschaftskomplikationen durch Johanniskraut häufiger auftreten, jedoch existiert auch keine ausreichend gute Datenlage, welche die sichere Anwendung in der Schwangerschaft beweist. 
    • Bei schweren Depressionen oder gar Suizidgefahr ist Johanniskraut nicht die richtige Therapie.

     

    Zusammenfassend gilt also: Johanniskraut ist mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. Stell uns im Chat gerne Deine Fragen dazu.

  • 4. Eintauchen
    1. Zeun S. Phytotherapie in der Frauenheilkunde: praktisches Wissen griffbereit: 109 Abbildungen. Stuttgart New York: Georg Thieme Verlag; 2021. S268-269.
    2. Linde K et al. St John's wort for depression--an overview and meta-analysis of randomised clinical trials. BMJ. 1996 Aug 3;313(7052):253-8. 
    3. Shelton RC et al. Effectiveness of St John's wort in major depression: a randomized controlled trial. JAMA. 2001 Apr 18;285(15):1978-86. doi: 10.1001/jama.285.15.1978. PMID: 11308434.

     

    Wer genau hinschaut, wird bemerken, dass in den hier genannten Studien kein Johanniskraut-Tee, sondern andere Extrakte der Pflanze verwendet wurden. Es muss an dieser Stelle gesagt werden, dass Studien welche sich mit Wirkung und Nebenwirkung des Johanniskraut-Tees beschäftigen, leider sehr selten sind. Es ist unklar wie viel wirksame Anteile der Pflanze in einem selbst zubereiteten Tee enthalten sind und ob man sich davon dann tatsächlich zum Beispiel eine antidepressive Wirkung versprechen kann. Findest Du das problematisch? Frag uns gerne im Chat.

Wichtig: Jede Patient:in ist einzigartig. Für wirksame Gesundheitsempfehlungen muss man daher individuell die Symptome, Vorerkrankungen oder bestehende Therapien berücksichtigen. 

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Beitrag von

Dr. Eva Roser

Ärztin, Schwerpunkt Gynäkologie und Onkologie